Mittwoch, 20. September 2017

Ich bin Hundemensch (Oder: Wenn dein Mittwoch ein Montag ist.)

Ich bin Hundemensch. 

Aufgewachsen mit Katzen, mein Leben lang, bis ich fünfzehn Jahre alt war. Immer hatten meine Eltern Katzen. Mindestens eine, aber eigentlich immer zwei oder zwischenzeitlich sogar drei. Mir war aber schon als kleines Kind klar: Ich will einen Hund. Mindestens einen. Aber eigentlich eher zwei oder sogar drei.

Heute, meine Lieben, ist einer dieser Tage, an dem ich vielleicht ein kleinwenig lieber als Katzenmensch auf die Welt gekommen wäre. Aber - und da glaube ich fest daran - das kann man sich ja nur bedingt aussuchen.


Heute ist Mittwoch. Aber mein ganz persönlicher, definitiv geltender Montag.
Ich bin heute früh um 8 Uhr aufgestanden, habe mich fertig gemacht und als erste Amtshandlung, wie jeden Morgen, meine drei Hunde genommen und bin mit ihnen raus gegangen.
Nach 10 Metern vor der Tür kam uns der "nette Herr" mit seinem 5-Tonnen-Mops entgegen. Auf der Straße. Selbstverständlich ohne so etwas wie eine Leine oder auch nur ein vernünftig sitzendes Halsband.

"Ein Glück" ist der Herr Mops inzwischen so dick und entsprechend so schwerfällig, dass selbst eine alterskranke Schnecke ihm noch ausweichen würde, wenn sie gerade mit einer frisch operierten Kniescheibe und zwei Kreuzbandrissen aus dem Krankenhaus kommt.
Wir haben uns entsprechend in einem eleganten Bogen aus der Affäre gezogen und sind weiter gelaufen... Etwa 200 Meter. Wenns hoch kommt.
Dann entschied sich nämlich Herr Junghund dazu, dass er sein Gehirn an der Tür abgegeben hat und sämtliche Benimmregeln selbstverständlich absolut unauffindbar waren.
Da ich mit einem zerstörten Knie und diversen anderen Wehwehchen gesegnet bin, habe ich mich entschlossen, die heutige Morgenrunde dann damit nach 20 Minuten zu beenden und auf den heimischen Hof zurück zu kehren, wo wir dann noch gemütlich ein Stündchen draußen gesessen haben. Oder besser: Ich habe gesessen, während meine Deppen (Ja, ich nenne meine Hunde liebevoll so) über die Wiese getollt sind und zwischendurch ab und zu mal für einen Keks oder einen Nasenstupser vorbei kamen.

So weit, so gut.
Nach diesen anderthalb Stunden morgendlicher Betätigung sind wir dann wieder rein, es gab Frühstück für alle und dann hat sich Frauchen nach der Hausarbeit in ihren Sitzsack geworfen, um weitere anderthalb Stunden mit den Hunden zu kuscheln und ein wenig herum zu kaspern.

 
 
Ihr fragt euch an dieser Stelle jetzt ganz sicher, was an diesem Tag so furchtbar sein soll. Diese eine, poplige Hundebegegnung vermiest schließlich Niemandem den Tag und das ein Junghund nun mal Gehirnkonfetti mit sich bringt, weiß ja nun auch jeder, der sich entweder ausreichend belesen oder bereits einen Junghund gehabt hat.
Pass auf: Wir haben an dieser Stelle gerade mal 14 Uhr. Der Tag, bis ich für gewöhnlich schlafen gehe, hat sich an genau dieser Stelle also gedacht: "Hey, geil! Noch 9 Stunden, in denen wir richtig auf die Kacke hauen können! Lass krachen!"

Um 16 Uhr kam mein Bald-Göttergatte nach Hause und weckte mich aus einem leichten Dämmerschlaf, während auch sämtliche im Haus befindliche Tiere entspannt vor sich hin dösten.
Also so weit zumindest die Theorie.
Denn während ich mich fünf Minuten lang mit ihm unterhielt, fing der Junghund, der seit 1 1/2 Monaten einwandfrei stubenrein ist, plötzlich an zu fiepen... tat das für ganze zwei Atemzüge... und pinkelte den halben Chiemsee, direkt in sein Kissen, auf dem er saß. Und nein, er hob den Po dabei nicht an. Er pinkelte. Im sitzen.
Perplex und wortlos erhob ich mich, zog mir eine Hose über und schnappte mir den Junghund, der dann, vor der Tür, eine geschlagene Minute (und das hier ist keine Hochrechnung oder eine leere Phrase!) sein Bein hob, um den Rest des Chiemsees und einen Viertel Bodensee zu seinem Werk hinzuzufügen. Glücklicherweise diesmal in den verwelkten Grünstreifen auf der anderen Seite der Straße und nicht 30cm neben meinem Ohr, in unserem Schlafzimmer.
Während ich also da stand, mit großen Augen den nicht enden wollenden Schwall an Hundepipi verfolgend, sinnierte ich darüber, wo um alles in der Welt das Tier so viel Flüssigkeit zu sich genommen haben konnte und kam zu dem Schluss: Nirgends. Aus welcher Pore dieser Hund also die schier endlosen Mengen an Wasser gequetscht hat: Er verdient dafür eine Medaille. Oder eher zwei. Vielleicht sogar drei.
Der Junghund – immer noch völlig von der Rolle – und ich marschierten nun also wieder in die Wohnung, wo mein Bald-Göttergatte bereits das Hundebett abgezogen und es liebevoll die Treppe runter geworfen hatte. Ich stopfte alles in die Waschmaschine.

Eine Einkaufsfahrt, ein schnelles Abendessen und eine kurze Unterhaltung später entschlossen sich die Menschen dieses Haushaltes, einen kurzen „Mittags“schlaf einzulegen. Um 20 Uhr. Denn eigentlich war ein ausgedehnter Abend geplant. Immerhin hätte der Mann morgen frei und wir entsprechend alle Zeit der Welt, gemütlich einen Film zusammen zu schauen.
Wir machten es uns also alle im Schlafzimmer gemütlich (der Junghund auf einem provisorisch für ihn bezogenen Federkissen, weil sein Bett ja frisch gewachsen auf der Wäscheleine vor sich hin trocknete) und… wurden von dem gequälten Fiepen unserer Hündin genau in dem Moment unterbrochen, in dem wir uns gerade ins Bett legen wollten.
Ich werde die folgenden Worte jetzt so kurz wie möglich fassen: Nach 5x schwallartigem Kotzen (man könnte meinen „Kotzen im Strahl“ sei nur eine Redewendung. Ich wurde heute eines Besseren belehrt), Durchfall und nicht aufhörendem Zittern und Speicheln habe ich meinem Bald-Göttergatten ins Obergeschoss hoch gerufen, er möge bitte die Jungs runter bringen, mir so was wie normale Klamotten runter werfen und außerdem Handtücher, während ich parallel mit dem Notdienst beim Tierarzt telefonierte und mich angestrengt zurück halten musste, nicht in einen hysterischen Heulkrampf auszubrechen.

Nachdem völlig aufgewühlter Junghund, etwas älterer Rüde und Hündin nach einer geschlagenen halben Stunde und 50 Mantren zur Beruhigung (für mich, nicht für die Tiere!) ins, mit Handtüchern ausgelegte, zwei Wochen alte (also faktisch neue) Auto verfrachtet waren und wir endlich los fahren konnten… kamen wir bei der Tierklinik an und mussten erstmal gemütlich eine Dreiviertelstunde darauf warten, überhaupt in den Behandlungsraum zu kommen.

 

Nun, wir sind jetzt wieder zuhause. Meine Hündin hat zwei Spritzen im Hintern, wir den Auftrag, Kotproben von mindestens drei Tagen zu sammeln und dann – wie schon zig mal gehabt in meinem Leben als Hundehalter – ins Labor zu schicken, damit der Verdacht auf Salmonellen entweder bestätigt werden kann… oder eben nicht.

Wie das halt so ist: Alles im Leben ist entweder eine Kartoffeln… oder keine Kartoffel.

In diesem Sinne werde ich mich jetzt wieder in mein Schlafzimmer mit frisch desinfiziertem Boden, ausgetauschtem Hundekissen und drei schlafenden Hunden legen, in der Hoffnung, dass ich vielleicht 1-2 Stunden Schlaf bekomme, bevor der dritte Hund, der sich das heute alles von der Seitenlinie angeschaut hat, sich ein Bein bricht oder sich in spontaner Selbstentzündung übt.

Im nächsten Leben werde ich dann Katzenmensch.
Oder auch nicht.